Funding phase

IRAGS

Genetische und neurokognitive Einflussfaktoren der Lesefertigkeit: Bestimmung des Individual Reading-Associated Genetic Score (Verbundvorhaben)

Die moderne Lese- und Dyslexieforschung hat in den letzten Jahren erkannt, dass ein umfassendes Verständnis der außerordentlichen Kulturleistung und höchst komplexen mentalen Aktivität, die Lesen darstellt, nur im multimethodischen Verbund zu erreichen ist, der die neurogenetischen, neurokognitiven und behavioralen Komponenten mit soziokulturellen Faktoren des Leseprozesses multikausal integriert. Lernstörungen, wie z.B. Dyslexie, sind die häufigsten und am stärksten genetisch bedingten Entwicklungsprobleme. Wenn es gelingt, die Rolle der genetischen Faktoren zu klären, die den vererbaren Anteil individueller Unterschiede – im Wechselspiel mit Umweltfaktoren – vermitteln, so könnte die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Lernproblemen noch vor der Einschulung bestimmt und dementsprechend frühe und erfolgversprechende psychopädagogische und medizinische Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Das vorliegende Projekt soll sowohl ein umfassendes Verständnis der Lesefertigkeit vom Gen über die Hirnfunktion hin zu den Teilprozessen der globalen Leseleistung ermöglichen als auch einen Beitrag zur Schaffung eines, die oben genannten Komponenten aufgreifenden, Rahmenmodells leisten.

Ziel des Projektes

Unser Vorhaben zielt darauf ab, im Rahmen eines multimethodischen und modellgeleiteten „imaging genetics“ Ansatzes, den genetischen Einfluss auf die strukturellen Hirneigenschaften sowie auf die kognitiven Teilprozesse der globalen Leseleistung zu untersuchen. Dafür wird aus dem Genotyp des Probanden ein individueller mit dem Lesen assoziierter genetischer Wert (IRAGS – Individual Reading-Associated Genetic Score) errechnet und mit den verhaltensmäßigen (behavioralen) sowie neuroanatomischen (strukturellen) und physiologischen (funktionellen) neurokognitiven Daten des Probanden in Zusammenhang gesetzt.

Die Befunde sollen die Grundlagen legen für ein umfassendes Verständnis der Lesefertigkeit und für eine neue, auf dem „imaging genetics“ Ansatz fußende, ursachenbezogene Diagnostik und Behandlung von Lesestörungen, die auf individuellen Fertigkeitsprofilen basiert.

Forschungsdesign & Untersuchungsmethoden

Unser Vorgehen ist mehrteilig.

UP1: Rekrutierung und behaviorale Phänotypisierung von N=500 Probanden; Auswahl der
Probanden für UP3 mittels

  • globalem Lesetest
  • orthographischen und phonologischen LDT
  • control task (Buchstabenerkennungsaufgabe)

UP2: Genotypisierung und Berechnung des IRAGS

UP3: Zusammenhang zwischen Genotyp (IRAGS), funktional-neuronalem Phänotyp und kognitiv-behavioralem Phänotyp anhand von N=60 Probanden

mit Hilfe von fMRT-tauglichen Experimenten (siehe UP1) werden im MRT individuelle Unterschiede in neuronaler Aktivierung und mögliche Korrelationen mit dem IRAGS untersucht zusätzlich wird der Einfluss von Aufmerksamkeits-, Integrations- oder Gedächtnisprozessen auf orthographische und phonologische Subprozesse geprüft

UP4: Kreuzvalidierung des IRAGS anhand einer unabhängigen Stichprobe

UP5: Prüfung der Ressourcenmodulationshypothese mittels jüngerer und älterer Erwachsener

Bisherige Ergebnisse

  • Abschluss der Erstellung, Überprüfung und Validierung des Stimulusmaterials für die UP1 und UP3
  • Entwicklung zweier zusätzlichen Aufgaben, um die Subprozesse des Lesens detaillierter erfassen zu können
  • Pilotierung erster behavioraler Daten zur Validierung der entwickelten Aufgaben
  • Abschluss der Auswahl der psycholinguistischen Experimente für UP3 und UP1
  • Fortbildung SPM-Kurs am UKE in Hamburg
  • Start der Pilotisierung und Testung der UP1 (vorraussichtlich Oktober 2012)
  • Start der Pilotisierung von UP3 (fMRT-Messungen Ende September 2012)
  • Auswertung der Daten der Pilotierung
  • Konzeption der ersten Artikel der Doktoranden (Dezember 2012)

Kontakt

  • Prof. Dr. Arthur Jacobs (Projektleitung, Freie Universität Berlin FB …)
  • Prof. Dr. Hauke Heekeren (Freie Universität Berlin)
  • Dr. Johannes Ziegler (Université Aix-Marseille)
  • Dr. Lars Bertram (Universität zu Lübeck)
  • Prof. Dr. Ulman Lindenberger (Max-Planck-Institut für …)
  • Dipl.-Psych. Eva Fröhlich (Freie Universität Berlin FB …)
  • Homepage des Projektes

    http://www.lexi-studie.de

    LEXI

    Genetische und neurokognitive Einflussfaktoren der Lesefertigkeit: Entwicklung eines frühdiagnostischen Biomarkers zur Prognose der zukünftigen Lesefertigkeit dyslexiegefährdeter Kinder im Vorschulalter

    Das übergeordnete Ziel unseres Vorhabens ist die Entwicklung eines möglichst präzisen, frühdiagnostischen Instrumentes für Kinder, die aufgrund familiärer genetischer Prädisposition gefährdet sind, leseauffällig zu werden. In einer längsschnittlich angelegten Untersuchungsreihe sollen diese Kinder mit einer unauffälligen Kontrollgruppe im Hinblick auf ihre genetischen Veranlagungen, kognitiven Fähigkeiten und Hirnaktivierungen zu zwei Messzeitpunkten verglichen werden: im Vorschulalter kurz vor der Einschulung und 2 Jahre später am Ende der zweiten Klasse. Durch die Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Genotyp, funktional-neuronalem und kognitiv-behavioralem Phänotyp wollen wir überprüfen, ob sich der von uns in der ersten Förderphase des BMBF Förderprogramms:
    “Ursachenbezogene individuelle Diagnostik und Intervention bei umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten” entwickelte individuelle leserelevante genetische Wert (IRAG-Score) für Kinder replizieren lässt und sich als Biomarker dazu eignet, bereits vor dem Erlernen des Lesens, die Kinder zu indizieren, die zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich dyslektisch werden. Dieses Vorgehen birgt die einmalige Chance, diesen Kindern eine sehr frühe, individuelle und ursachenbezogene Förderung zukommen zu lassen und somit deren Erfolgsaussichten auf eine chancengleiche Teilhabe am (Schul-)Alltag entscheidend zu verbessern. Gleichzeitig ermöglicht uns der Brückenschlag zwischen molekularen Mechanismen und kognitiven Fertigkeiten bzw. Defiziten grundlegende Erkenntnisse über die genetisch bedingten Einflüsse auf die für die Lesefertigkeit zentralen neuronalen Netzwerke (visuelles System, Visuelles Wortformsystem, Verarbeitungssystem gesprochener Sprache) zu erlangen.
    Unser Vorhaben unterscheidet sich von anderen Studien dadurch, dass wir aufgrund unseres Designs ermitteln können, ob die Hyper-/Hypoaktivierung bestimmter Hirnareale dyslektischer Leser ursächlich oder als Konsequenz der Lesestörung auftreten. Während im Regelfall bereits lesende Erwachsene, Jugendliche und ältere Kinder untersucht werden, untersuchen wir mittels leserelevanten Aufgaben die Hirnaktivitäten der Kinder bevor sie lesen können und gleichen dies mit ihrer tatsächlichen Entwicklung zwei Jahre später ab.

    Ziel des Projektes

    Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines genbasierten Diagnostikinstrumentes zur Frühbestimmung einer sich aufgrund der genetischen Ausstattung abzeichnenden zukünftigen Lesestörung. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit neue, wichtige Erkenntnisse zur Effizienz der neuronalen Lesenetzwerke und ihrer biologischen Determinanten zu erlangen. Neben dem sehr wichtigen anwendungsbezogenen Aspekt sollen auch grundsätzliche Fragen zur Ursache bzw. Kausalität der Aktivität neuronaler Strukturen bei dyslektischen Kindern beantwortet werden. Da Lesen ein stark individuell geprägter Prozess ist, an dessen Ausführung multiple genetische, neuronale und soziale Faktoren beteiligt sind, ist eine individuelle, ursachenbezogene, frühe Diagnose entscheidend für einen erfolgreichen Therapieverlauf.

    Forschungsdesign & Untersuchungsmethoden

    Das Vorgehen ist längsschnittlich angelegt. Es sind 2 Messzeitpunkte geplant, bei denen die Daten der selben 150 Kinder im Abstand von zwei Jahren erhoben werden. Zunächst werden mögliche Probanden einem kurzen Screening unterzogen, um 75 Kinder zu selektieren, die einer Risikogruppe zur Entwicklung einer Leseschwäche/-störung angehören und 75 Kinder, bei denen das nicht der Fall ist. Für die 1. Messung sollen Prädiktoren der zukünftigen Leseleistung wie die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitslenkung und zum schnellenb automatisiertem Benennen von Objekten sowie die Hirnaktivierungsmuster der Kernfunktionen der Lesefertigkeit erfasst werden. Die Intelligenz wird als Kontrollmaß erhoben. Anschließend wird der individuelle genetische Wert bezogen auf die Lesefertigkeit erstellt. Gegen Ende der zweiten Klasse wird die gleiche Stichprobe einer erneuten Messung unterzogen, um das tatsächliche Vorliegen einer Leseschwäche/-störung auf behavioraler Ebene überprüfen zu können. Eine abschließende Zusammenführung aller Ergebnisse ermöglicht es, Aussagen zum prädiktiven oder mediativen Charakters des genetischen Werts auf die Lesefertigkeit sowie auf die Effizienz der neuronalen Lesenetzwerke zu treffen.

    Kontakt

  • Prof. Dr. Arthur Jacobs (Projektleitung, Freie Universität Berlin FB …)
  • Prof. Dr. Hauke Heekeren (Freie Universität Berlin)
  • Dr. Johannes Ziegler (Université Aix-Marseille)
  • Dr. Lars Bertram (Universität zu Lübeck)
  • Prof. Dr. Ulman Lindenberger (Max-Planck-Institut für …)
  • Ass.-Prof. Dr. Mario Braun (Universität Salzburg)
  • Dipl.-Psych. Eva Fröhlich (Freie Universität Berlin FB …)
  • MSc. Cognitive Science Johanna Liebig (Freie Universität Berlin)
  • Homepage des Projektes

    http://www.lexi-studie.de